Ästhetik

Das große Format zähmt meinen malerischen Ausdruckswillen! Ich liefere mich dem Hier und Jetzt aus, gehe heiter und auch furchtlos mit der Ungewissheit und dem wilden Mut zur Farbe.
So entstehen meine Monotypien.“

Brigitte Witzer arbeitet raumgreifend und liebt die große Spannweite. Als wesentliche Technik verwendet sie eine Art von Monotypie, die nicht auf einen Abdruck zielt, sondern die ursprüngliche Druckplatte als Malwerkzeug nutzt. Durch Farbauftrag mittels Spachtel oder weiteren Utensilien entsteht ein eigenständiges Farbergebnis.

 

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“Apropos Brigitte Witzer…

Wie aufregende Ereignisse erscheinen Brigitte Witzers großformatige Bilder: Ein zitronengelbes Herz schwebt inmitten gelber Blüten, ein leuchtend roter Fleck umringt von rosa Blumen steht vor irisierend hellem Grund in Gold, oder – letztes Beispiel – eine massig grüne Form setzt sich ab von ihrer silbrigen Umwelt, verfolgt von kleinen grünen Flecken.

Vielleicht wird man der Kunst Brigitte Witzers am ehesten gerecht in einer poetischen Sprache, denn vor allem ist es eine Poesie der Farben, die die Künstlerin malend erzeugt, ein Mit-, Bei- und Gegeneinander von Farbklängen und Farbwerten. So entsteht Spannung, Ruhe und Dynamik zwischen den aus Farben entwickelten Formen, wenn sich diese im Bildraum begegnen. Ergebnis ist eine Intensität im Ausdruck, das konkrete Bezeichnen von etwas, das so bestimmt wie unbestimmt bleibt. Dies hört sich paradox an, ist aber in der Kunst und der Malerei Brigitte Witzers tatsächlich möglich. Damit kann sich ereignen, wonach wir lechzen, weil es rar ist: Schönheit als unmittelbare Erfahrung im Lebendigen.

All dies ist Resultat eines Werkprozesses – genauer gesagt einer pragmatisch-handwerklichen Methode bei der Bildherstellung sowie – ganz unabdingbar – eines geistigen Vorgangs, einer Vorstellung, einer Idee samt gedanklichem Konzept. Beides in enger Verbindung bedingt Witzers Malerei und damit die Bilder, die ihr gelingen.

Solche Kunst entsteht im ästhetischen Handeln und Probieren, also in einem ständigen Herantasten, Entscheiden wie auch Begreifen von dem, was sich beim Malen, beim Herstellen der Bilder auf dem Papier entwickelt und geschieht. Die Künstlerin produziert geschichtete Farbaufträge in einem kontrollierten, doch zugleich auch dem Zufall Raum lassenden Vorgang, bei dem sie Farbe mittels eines Rakels immer wieder auf die Papieroberfläche drückt, bis eine Art von Bildfonds oder farbigem Resonanzboden entstanden ist. Auf diesen Untergrund kann sie die floral anmutenden Farbformen – man könnte auch sagen ihre Protagonisten – setzen. So entsteht in und mit den zahlreichen Arbeiten eine individuelle Bildwelt, in der das gelbe Herz, die roten Blüten oder jene eher unbestimmten Formen, die in ihren Arbeiten ein Eigenleben entwickeln, zu hause sind.

All dies, die Entwicklung eines abstrakten Bildraumes mit seiner Tiefe wie auch das Plazieren der Formen wird von der Künstlerin inszeniert und choreographiert: Ihre persönliche Vitalität spielt beim Malvorgang als Ausdruckintensität eine wichtige Rolle. Obwohl all dies keine Zauberei ist, kann so etwas entstehen, das zu verzaubern weiß – Gefühle und Geist werden angesprochen und erregt.

Dies liegt an den Farben und ihrem Zusammenklang, dies liegt auch an den Formen und den großen Formaten, doch vor allem entsteht solche Verzauberung durch die Inspiration dieser Malerei, die getragen wird von Brigitte Witzers künstlerischem Mut, ihrer zupackenden Energie und der lebendigen Erfahrung, die sie aufs Papier und damit in die Welt bringt.”

Peter Funken, Autor und Kurator
Berlin, Juni 2018